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Hingucker mit starken musikalischen und dramaturgischen Mängeln
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Mit DER MEDICUS führt das Autorenteam Dennis Martin und Peter Scholz im Schlosstheater Fulda ihre siebte Weltpremiere auf; in einer für das Theater unerwartet aufwändigen Inszenierung wird die Umsetzung des Weltbestsellers von Noah Gordon, der zuletzt auch im Kino als Film zu sehen war, auf die Bühne gebracht.
Inhaltlich wird das Stück als Rückblende des Hauptcharakters Rob Cole (Sascha Kurth) erzählt. Als Kind entdeckt dieser eine magische Gabe, die es ihm erlaubt, durch die Berührung der Hände den Tod von Personen vorherzusehen. Diese Fähigkeit führt ihn in die Lehre bei einem Bader (Sebastian Lohse), der ihm das grundlegende Handwerk des Heilens beibringt, doch Rob leidet unter seiner Gabe. Um mehr über das Heilen von Krankheiten zu lernen, will er nach Persien in die Stadt Isfahan reisen, um dort an der sogenannten Madrassa zu studieren. Auf der langen Reise dorthin lernt er die schöne Mary (Sabrina Weckerlin) kennen; die zwei verlieben sich, müssen sich jedoch schnell wieder voneinander trennen. In Isfahan angekommen erfährt Rob, dass an der Madrassa nur Juden studieren dürfen, und ändert seine Religion. Um weitere Erkenntnisse über den menschlichen Körper zu erlangen, will er Tote obduzieren, was laut dem jüdischen Glauben jedoch verboten ist. Nach zahlreichen Konflikten entschließt er sich, das Innere des Menschen trotzdem zu studieren, und muss deshalb schließlich aus der Stadt fliehen. Er hat in Isfahan jedoch Mary wiedergefunden, mit der er nun eine friedliche Familie gründen kann.
Leider präsentiert sich DER MEDICUS in Sachen Buch und Musik in für das Schlosstheater Fulda ungewohnt holpriger Manier; der erste Akt ist mit anderthalb Stunden Länge unangenehm lang und scheint nur sehr schemenhaft Konflikte aufzuzeigen. Er endet mit dem Ausbrechen der Pest in der Stadt, ein Konflikt, von dem man denkt, er fülle nun den zweiten Akt aus; allerdings beendet bereits die erste Ensemblenummer im zweiten Akt die Pest-Storyline, sodass man erneut das Gefühl hat, dass das Buch keine Bahn und kein Ziel kennt. Dieses Gefühl setzt sich im weiteren Stück fort und fördert leider Verwirrung und Ungeduld seitens des Zuschauers. Auch musikalisch findet sich in DER MEDICUS leider wenig Tiefgang. Viele vor allem romantische Melodien wie „Wenn die Sterne mit uns sind“, „Kilmarnock“ oder „Verliert den Glauben nicht“ wirken sehr kitschig und unauthentisch, wohingegen die dramatischen und orientalischen Klänge mehr überzeugen. Die Eröffnung des zweiten Akts, „Die Pest ist in der Stadt“, ist gut gelungen, das Highlight des Abends ist jedoch definitiv „Alles nur ein Spiel“, das mit Abstand am meisten Applaus erntet. Textlich bietet DER MEDICUS leider sowohl in den Dialogen als auch in den Liedtexten fast ausnahmslos nur Klischees und schafft es dramaturgisch nicht, authentisch dramatische Szenen zu erzeugen; diese wirken fast ausnahmslos gekünstelt und übertrieben.
DER MEDICUS ist wie aus Fulda bereits bekannt prominent besetzt: Mit Sascha Kurt in der Rolle des Rob Cole (Premierenbesetzung: Friedrich Rau) zeigt sich ein routinierter Darsteller, der alle Höhen der Rolle spektakulär meistert und schauspielerisch alles aus seiner leider recht eindimensionalen Partie herausholt. Sabrina Weckerlin begeistert sowohl stimmlich als auch schauspielerisch, wirkt jedoch in beiden Aspekten mit ihrer charakterlich undefiniert wirkenden Rolle unterfordert. Andreas Wolfram spielt souverän und singt gut, neigt jedoch zur Unverständlichkeit, während Reinhard Brussman in der Rolle des väterlichen Lehrers Ibn Sina eine wunderbar ruhige und positive Ausstrahlung in sein Spiel legt, die ihm schnell die Sympathie des Publikums sichert.
Inszenatorisch wurden im Stadttheater Fulda mit DER MEDICUS große Schritte in die richtige Richtung gemacht: Christoph Weyers opulenten, authentischen und abwechslungsreichen Bühnenbilder decken mühelos alle Spielorte ab und bieten guten Spielraum. Hand in Hand damit geht das Lichtdesign von Pia Virolainen, das Kulissen und Darsteller in perfektes Licht rückt. Mit Kim Duddy wurde ein prominenter Name an Bord geholt; ihre Choreographien sind gewohnt anspruchs- und wirkungsvoll, wirken jedoch inszenatorisch oft deplatziert. Die aufwendigen Kostüme von Ulrike Kremer runden das stimmige Gesamtbild ab.
Nach wie vor schade, jedoch scheinbar aus technischen Mitteln nicht zu umgehen, ist das Nichtvorhandensein eines Live-Orchesters. Nichtsdestotrotz bietet das eingespielte Orchester einen unerwartet guten Klang, den Rest liefert die prominente Besetzung. DER MEDICUS in Fulda bietet somit vor allem eher optisches und oberflächliches Entertainment, hat jedoch stark mit musikalischen und dramaturgischen Mängeln zu kämpfen.
Hingucker mit starken musikalischen und dramaturgischen Mängeln
16.09.2016
Kritik, Deutschland
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