Ein Musical, das unter die Haut geht!

Heute Abend feierten die Vereinigten Bühnen Wien die lang erwartete Premiere der neuen Produktion, DER BESUCH DER ALTEN DAME, im Wiener Ronacher. Die Premiere der Bühnenfassung, denn bereits im Sommer feierte das Musical seine Uraufführung, auf der Seebühne in Thun (Schweiz) . Damit wurde der Kassenflop NATÜRLICH BLOND abgelöst und soll die Gäste in Scharen anlocken. Aktuell scheint generell eine schwere Zeit für Veranstalter zu sein, denn von allen Seiten hört man lautes Stöhnen, im Bezug auf die Besucheranzahl. Doch eines sei gewiss: Wien hat nach Rebecca eine neue "Eigenproduktion", welche auch hier her passt. Eine Geschichte die wohl die meisten Österreicher in der Schule gelesen haben und die man auch als Musical gesehen haben sollte.

Claire Zachanassian kehrt in ihre alte Heimatstadt zurück, um das zu bekommen, wonach Sie sich Jahrelang sehnt. Rache. Denn vor Jahrzehnten wurde sie aus Güllen verstoßen. Verraten und wie Dreck behandelt. Ihr Plan wird in die Tat umgesetzt, denn das verarmte Güllen, unwissend wem das Städtchen die Armut zu verdanken hat, benötigt dringend Geld. Claire will ihre Geburtsstadt nicht im Stich lassen und verspricht 2 Milliarden, die zu gleichen Teilen an alle Einwohner verteilt werden sollen. Einzig eine Bedingung wird an die Auszahlung geknüpft: "...wenn Alfred Ill (ehemaliger Liebhaber und Verräter von Claire) stirbt." Die Bewohner sind entrüstet und dennoch sehen sie den Reichtum vor sich. Langsam verschulden sich immer mehr Bürger, weshalb es bald unmöglich scheint ohne dem versprochenen Geld weiter zu existieren.

Eine düstere Geschichte, welche einerseits den Einfluss und die Möglichkeiten von Wohlhabenden deutlich zeigt, aber auch klar sichtbar macht, dass sich das moralische Denken von Menschen mit einem Schlag verändern können. Alles in allem ein spannende Vorlage für einen tollen Musicalthriller.

Andreas Gergen adaptiert das Musical gekonnt als Bühnenfassung, die sowohl mit einem großartigen Cast aufhorchen lässt, sowie mit Bühnenbild und Technik eine spannende, bewegende, ja fesselnde Produktion nach Wien bringt.

Die Musik von Michael Reed und Moritz Schneider erinnert eher an Filmmusik. Spannend, mitreissend, emotional, mit Gänsehautfeeling und durch das Tondesign von Thomas Strebel toll umgesetzt. Und dennoch wäre dieser feine, typische Wiener Musicalklang nicht ohne dem 35-köpfigen Musicalorchester der Vereinigten Bühnen, unter der Leitung von Koen Schoots, möglich.

Das Buch von Christian Struppeck hält sich nicht ganz so streng an die originale Vorlage, denn vor allem in punkto Emotion legt man im Musical einen Schwerpunkt. Die Komödie von Friedrich Dürrenmatt wird dadurch sehr ernst und geht dem Besucher noch viel näher.

Hut ab vor dem genialen Bühnenbild, von Peter J. Davison, welches auf eindrucksvolle Weise den Zuseher nach Güllen entführt und gekonnt zwischen den verschiedensten Orten wechselt. Bei Mark McCulloughs Lichtdesign, hat man den Eindruck, jeder Scheinwerfer wurde auf den Millimeter genau platziert. Die Lichtstimmungen verschaffen der Produktion den nötigen Feinschliff und setzen Bühnebild, Cast und auch die durchdachten Kostüme von Uta Loher und Conny Lüders in Szene.


Choreograf Simon Eichenberger schaffte es einmal mehr schwungvolle, exakte Choreografien zu entwickeln, die sich auch in den Güllener Gummistiefel (als Symbol für die Gülle) toll umsetzen ließen. Das Cast, allen voran Pia Douwes und Uwe Kröger, lieferte eine sehr emotionale, präzise, haarsträubende Arbeit ab.

Einzige kleine Kritik: Von unserem Sitzplatz aus, verstand man die Darsteller, während das Orchester spielte, sehr schlecht. Dies mag auch an der Entfernung oder dem Winkel zu den Boxen liegen, ist aber schlicht schade.

Damit gab es den Startschuss für eine Produktion, welche nur für kurze Zeit in Wien bleiben wird. Schon im Sommer soll ein neues Musical enstehen, welches ab September Premiere feiert. 

Unsere Bewertung

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Der Besuch der alten DameMusical
Ein Musical, das unter die Haut geht!

Ein Musical, das unter die Haut geht!

19.02.2014
Premierenbericht, Österreich